Muldenregatta 2012

"Ihr seid drei Wochen zu früh"

14. Mulde-Regatta mit 550 Teilnehmern:
LVZ-Reporter meistert 21 Kilometer unter schottischer Flagge

Grimma/Wurzen. 21 Kilometer auf der Mulde von Grimma bis Wurzen. Acht Stunden paddeln. Solange, wie andere in der Luft von Europa bis Amerika brauchen. Mit wem verbringe ich diese Zeit? Mit Piraten, die zwei Frösche gekapert haben? Mit Männern im Hawaiihemd? An Bord des (T)raumschiffs Surprise mit Pharao, Krankenschwester und Riesenbaby? Oder unter lauter Kittelschürzen-Putzfrauen, von denen eine dringend einen Mann sucht? Ich steige bei Männern in karierten Röcken zu, bei Muldentaler Schotten.
Die Kinder Connor-Graham, Malcolm-William und Niklas sind zwar eher noch Wurzelzwerge, dafür wagte sich "Commander" Rocco Merker bereits in die schaurigen Abgründe von Ungeheuer Nessie und werfen Kai "Alf" Hofmann sowie Mike Annanias demnächst bei den Trebsener Highland Games mit Baumstämmen. Wer wenn nicht sie sollten mich sicher nach Wurzen schippern?
Kurz hinter Grimma eine Gartenlaube hoch oben, spektakulär, mitten im Wald, auf gemauerten Säulen. Und dort: eine Nische aus Bruchsteinen. Stand darin bis vor kurzem noch eine griechische Statue? Kurz vor Dorna heißt es Augen zu und durch. Die furchtlosen Schotten trotzen der Staubwolke, die vom Felde herüber weht. Von weitem sieht der Bahrener Zahnarzt Joachim Gräfe mit weißem Kittel und Marinemütze wie ein Geist aus. Der kultige Gottschalk-Cousin rudert uns entgegen und warnt vor Krokodilen. Die Siedlergemeinschaft Loreley kann er nicht gemeint haben. Die Familien Schatte, Hennig, Altstädt und Bernsdorf schnappen nicht zu. Im Gegenteil: Sie sorgen fürs leibliche Wohl der 550 Paddler. Gratis! Mit Fettbemmen und Schluckis, die sie auf dem zum Tablett umfunktionierten Ruderblatt servieren.
Am Golzerner Wehr stehen die Nerchauer Feuerwehrmänner Sven und Steve Kullig in Wathosen bis zum Bauch im Wasser. Sie helfen uns an Land, beim Tragen des Schlauchbootes packt auch Kamerad Patrick Hirsch mit an. Ist er es? Er ist es: Radsport-Olympiasieger Jens Lehmann trägt sein Boot ums Wehr. Und da: Eine Banane auf zwei Beinen kommt aus den Büschen gehüpft. Es ist Dennis Zimmermann, der sich nach geglücktem Austreten wieder auf seinem (T)raumschiff Surprise zurück meldet.
Nach dem Einsetzen sitzen wir auf. Wir müssen uns krumm machen. Ein Witzbold stichelt: "Habt Ihr eigentlich was unter Euren Schottenröcken?" Commander Rocco hinter vorgehaltener Hand: "So ein Kilt besteht aus bis zu acht Metern Stoff. Unter dem Gala-Schottenrock trage ich nichts, aber ..." - "Das reicht", stoppt ihn Alf, es seien Kinder an Bord.
"Wir lagen vor Madagaskar" schmettert am Neichener Ufer das "Bluter-Duo", die genesenen Herzpatienten Bernd Fichtner und Michael Ptak. Auf Höhe der Ruinen der ehemaligen Papierfabrik in Trebsen entdecken wir Sprossen wie am Swimmingpool: "Hier stieg der einstige Werkdirektor immer ins Schaumbad", scherzen die Schotten und gehen am Trebsener Schloss an Land. "Ihr seid drei Wochen zu früh", empfängt man uns und spielt auf das schottische Highlight Highland Games vom 14. bis 16. September an.
Bei Nitzschka trotzen wir der Regenhusche mit praktischer Plane - dem Strudel mit genialem Plan. Unser kleiner Steuermann Malcolm liefert sich ein Wortgefecht mit der Galionsfigur des Nachbarbootes, die das Feuer per Spritzpistole eröffnet: "Hier wird nicht geballert, sonst wirft mein Vater mit Baumstämmen." Das hat gesessen.
In Pausitz grasen Pferde am Wildwest-Ufer und winken wie in Texas Cowboys aus Unterständen. Von der Loreley bei Ölschütz grüßt ein Ehepaar. Ein Paddler ruft: "Wer ist Lore und wer ist Ley?" Kurz vor Wurzen passiert uns Kührens elefantastischer Panzerkreuzer Potemkin mit Hammer und Sichel und Radioempfang. Die russischen Soldaten Ingo Noack und Tobias Scheeler im Waffenrock verbrüdern sich mit uns "Schottenröcken". Am Zielort wird "Kalinka" angestimmt und unser Schotte Alf erkundigt sich bei den Russen nach den Bundesliga-Ergebnissen. - "Die dürfen doch kein Westradio hören", wird er zurück gepfiffen. Haig Latchinian

Großer Ansturm: Beim Start in Grimma geht es trotz der rund 550 Teilnehmer geordnet zu.

Beste Bedingungen: Die Sonne scheint, der Rückenwind erleichtert das Paddeln.

Gut gelaunt: Die Schotten mit ihren weiblichen Fans und Redakteur Haig Latchinian (Hose).

Fotos (3): Klaus Peschel

LVZ Muldental 27. August 2012

Impressionen von Nitzschka an der Mulde

Zaunsgäste und Teilnehmer


 

an der Verpflegungsstelle auf der Schlossgartenwiese
nach dem Regen


 

an der Anlegestelle herschte immer mal Betrieb

von Trebsen nach Wurzen blickend